Was müssen Lehrkräfte über Feedback wissen? Teil 1: Richtig gutes Feedback

Was müssen Lehrkräfte über Feedback wissen? Teil 1: Richtig gutes Feedback

Von am 12.12.25
Inhalt

Dies ist der erste Teil unserer neuen Basic-Artikelserie, die sich ganz um das Thema Feedback dreht. Wir legen heute den Grundstein und klären basierend auf aktueller Forschung kurz und übersichtlich: Was ist eigentlich richtig gutes Feedback?

Was ist richtig gutes Feedback?

Rückmeldungen gelten als eines der wirkmächtigsten Instrumente der Pädagogik. Doch die empirische Bildungsforschung mahnt zur Differenzierung: Nicht jede Intervention fördert die Leistung. Dieser Beitrag zeigt, wie Feedback aussehen muss, um Lernprozesse nachhaltig zu unterstützen.

Feedback ist fester Bestandteil des pädagogischen Alltags. Lehrkräfte investieren viel Zeit in Korrekturen, Gespräche und schriftliche Rückmeldungen. Die intuitive Annahme lautet oft: Jede Form der Rückmeldung ist besser als keine.

Die wissenschaftliche Datenlage zeichnet jedoch ein komplexeres Bild. Avraham Kluger und Angelo DeNisi wiesen bereits 1996 in einer umfassenden Meta-Analyse nach, dass Feedback-Interventionen hochvariabel wirken. In über einem Drittel der untersuchten Fälle führte Feedback nicht zu einer Leistungssteigerung, sondern zu einer Leistungsabnahme. Um im Unterricht wirksam zu sein, muss Feedback daher präzise gestaltet werden. Basierend auf den Erkenntnissen von Kluger & DeNisi, John Hattie und Benedikt Wisniewski lassen sich drei zentrale Gelingensbedingungen ableiten.

1. Fokus auf die Aufgabe statt auf die Person

Eine der wichtigsten Erkenntnisse der „Feedback Intervention Theory“ (Kluger & DeNisi, 1996) betrifft die Lenkung der Aufmerksamkeit. Wirksames Feedback fokussiert die Aufmerksamkeit des Lernenden auf die Aufgabe und die Lösungsstrategien.

Sobald eine Rückmeldung das „Selbst“ des Lernenden adressiert – sei es durch Kritik oder durch pauschales Lob wie „Du bist begabt“ –, verschiebt sich der Fokus. Kognitive Ressourcen werden von der Bearbeitung der Aufgabe abgezogen und für den Schutz oder die Darstellung des Selbstwerts verwendet. Hattie bestätigt dies in seinen „Visible Learning“-Analysen: Feedback auf der Ebene des Selbst („Self Level“) hat oft geringe bis negative Effekte auf den Lernzuwachs. Professionelles Feedback trennt daher strikt zwischen der Person des Schülers und dem Arbeitsprodukt.

2. Hoher Informationsgehalt als Schlüsselfaktor

Der Augsburger Bildungsforscher und Regensburger Schulpsychologe Benedikt Wisniewski differenzierte in seiner Meta-Analyse (2020) den Feedback-Begriff weiter. Er identifizierte den Informationsgehalt als entscheidende Variable für die Wirksamkeit.

Noten, Haken oder kurze Kommentare wie „Gut gemacht“ klassifiziert Wisniewski als „Low Information Feedback“. Sie geben dem Lernenden Auskunft über den Status quo, bieten aber keine Orientierung für Weiterentwicklung. Lernwirksam ist hingegen „High Information Feedback“. Dieses liefert dem Schüler konkrete Daten darüber, was verstanden wurde, wo Fehlkonzepte liegen und mit welcher Strategie diese behoben werden können. Motivation ist in diesem Modell kein abstraktes Ziel, sondern das Resultat von Kompetenzerleben, das durch hilfreiche Informationen ermöglicht wird.

3. Feedback als Navigationshilfe

John Hattie und Helen Timperley (2007) vergleichen effektives Feedback mit einem Navigationssystem. Es bewertet nicht moralisch, sondern liefert Positionsdaten und Routenvorschläge. Ein solches Feedback beantwortet dem Lernenden drei Fragen:

  • Feed Up: Wohin gehe ich? (Transparenz der Lernziele)
  • Feed Back: Wie komme ich voran? (Aktueller Stand im Vergleich zum Ziel)
  • Feed Forward: Wohin geht es als Nächstes? (Nächste Handlungsschritte)
  • In der schulischen Praxis dominiert oft die zweite Frage (die Fehleranalyse). Das größte Potenzial für Leistungssteigerung liegt jedoch im „Feed Forward“ – der konkreten Anleitung, wie die Lücke zwischen Ist- und Soll-Zustand geschlossen werden kann.

Das bedeutet es konkret für den Unterricht

Aus den Gelingensbedingungen ergeben sich drei klare Handlungsfelder für Lehrkräfte:

1. Lenke den Fokus auf die Sache, nicht die Person

  • Was du als Lehrkraft wissen musst: Sobald du das „Selbst“ ansprichst (z. B. „Du bist begabt“ oder „Du bist faul“), verschiebt sich die Aufmerksamkeit deiner Schüler weg von der Aufgabe. Das zieht wertvolle Energie ab, die für den Selbstschutz verwendet wird, statt für das Lernen.
  • Dein To-Do: Trenne strikt zwischen der Person und dem Arbeitsprodukt. Beziehe dein Feedback ausschließlich auf die Aufgabe und die gewählte Lösungsstrategie.

2. Gib „High Information“ statt nur Noten

  • Was du als Lehrkraft wissen musst: Noten, Smileys, Haken oder ein kurzes „Gut“ sind „Low Information Feedback“. Sie zeigen zwar den Status quo, helfen aber nicht beim Weiterlernen.
  • Dein To-Do: Sorge dafür, dass dein Feedback hohen Informationsgehalt hat. Liefere konkrete Daten: Was genau wurde verstanden? Wo liegt das Fehlkonzept? Mit welcher Strategie lässt es sich beheben?.

3. Sei ein Navi: Fokus auf „Feed Forward“

  • Was du als Lehrkraft wissen musst: In der Schule wird oft zu viel Zeit mit der Fehleranalyse verbracht. Das größte Potenzial für Leistungssteigerung liegt aber im Blick nach vorne.
  • Dein To-Do: Nutze das Bild des Navigationssystems. Bewerte nicht moralisch, sondern zeige die Route an. Lege den Schwerpunkt auf das „Feed Forward“: Gib eine klare Anleitung, was der nächste Handlungsschritt ist, um die Lücke zum Lernziel zu schließen.
Abbildung 1: Richtig gutes Feedback (Gemini 3 Pro prompted by Hendrik Haverkamp, CC BY 4.0)
Abbildung 1: Richtig gutes Feedback (Gemini 3 Pro prompted by Hendrik Haverkamp, CC BY 4.0)

Quellen

Hattie, John/Helen Timperley (2007): The Power of Feedback. In: Review of Educational Research 77 (1).

Kluger, Avraham N./Angelo DeNisi (1996): The Effects of Feedback Interventions on Performance: A Historical Review, a Meta Analysis, and a Preliminary Feedback Intervention Theory. In: Psychological Bulletin 119 (2), 254–284.

Wisniewski, Benedikt/Klaus Zierer/John Hattie (2020): The Power of Feedback Revisited: A Meta-analysis of Educational Feedback Research. Frontiers in Psychology, 10, 487662.

Disclaimer

Ich bestätige hiermit, dass ich das KI-Tool Gemini Pro 3 kollaborativ im Schreibprozess und zur Bildgenerierung eingesetzt habe. Ich habe die finalen Text und Abbildungen nach bestem Wissen und Gewissen geprüft und bin für das Ergebnis vollumfänglich verantwortlich.

Zum Autor

Hendrik Haverkamp ist Lehrer am Evangelisch Stiftischen Gymnasium, Co-Leiter des Virtuelles Kompetenzzentrum: Künstliche Intelligenz in Bildung, Wissenschaft & Arbeitswelt (VK:KIWA), Co-Host von Kompass KI und Co-Gründer von FelloFish.